„Bei uns geht es ums Wesentliche“

20 Jahre – 20 Menschen: Christina Schultz, Familienbegleitender Kinderhospizdienst Zentrum Südostoberbayern  

Christina Schultz ist im familienbegleitenden Kinderhospizdienst in unserem Regionalzentrum Südostoberbayern in Rosenheim tätig und leitet den Bereich. Im Interview erzählt sie von wesentlichen Dingen und Kleinigkeiten, die sie beruflich wie privat bereichern. Sie verrät uns, warum ihre Spiritualität auch in der Kinderhospizarbeit ihren berechtigten Platz findet und welches Essen sie an einem schlechten Tag wieder aufpäppelt.

Liebe Christina, magst du dich den Leser*innen einmal vorstellen?

Christina Schultz: Ich bin 37 Jahre alt, aus Rosenheim und gelernte Kinderkrankenschwester. Ich arbeite seit etwa 5 Jahren als Fachkraft für Kinderhospizarbeit im Zentrum Südostoberbayern. Dort begleite ich Familien, die ein schwerst- oder lebensbedrohlich erkranktes Ungeborenes, Neugeborenes, Kind oder Jugendlichen haben – und Familien, in denen ein Elternteil schwersterkrankt ist, und die minderjährige Kinder im Haushalt haben. Außerdem darf ich die Schulungen für unsere Ehrenamtlichen Familienbegleiter*innen planen, umsetzen und mitgestalten.

Du bist Kinderkrankenschwester – warum hast du dich für diesen Beruf entschieden?

Christina Schultz: Ich wollte schon immer Säuglingsschwester werden, mittlerweile heißt es ganz offiziell Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in. Mit 17 habe ich meine Ausbildung in Altötting begonnen. Schnell wusste ich, dass ich entweder einmal auf einer onkologischen Station oder in einem Kinderhospiz arbeiten möchte, weil diese Schwerpunkte mich während der Zeit besonders interessiert haben. Damals war es für Berufsanfänger*innen aber noch etwas schwieriger, direkt eine Stelle in diesen Bereichen zu finden. Letztlich habe ich in der RoMed Klinik in Rosenheim auf der Kinderintensivstation meinen Platz gefunden und war da über zwölf Jahre. Ich habe dort viel gelernt, eine Weiterbildung zur Intensivfachkraft gemacht und war auch Praxisanleiterin.

Und was war der finale Beweggrund, dann doch ins Kinderhospiz zu gehen?

Christina Schultz: Leider habe ich im „System Pflege“ immer wieder ausreichend Zeit für die Patient*innen und Eltern vermisst und so wollte ich auf Dauer nicht arbeiten. Also habe ich mich umgesehen und die Stelle in der Stiftung AKM im Zentrum in Rosenheim entdeckt. Ich habe schnell festgestellt, dass hier so gearbeitet wird, wie ich mir das auch wünsche – mit genug Zeit für die Familien. Selbst wenn ein Familienbesuch einmal deutlich länger dauert als ursprünglich geplant. Einfach, weil es nötig ist. Auch das ist dann ok, und diese Zeit nehmen wir uns. Das finde ich sehr schön.

In den letzten fünf Jahren hast du mit den betroffenen Familien Höhen wie Tiefen erlebt. Verrätst du uns deinen schönsten Moment in der Stiftung AKM, und was die Arbeit hier für dich so besonders macht?

Christina Schultz: Es gab ganz viele schöne Momente, aber einen konkreten könnte ich gar nicht benennen. Besonders wertvoll ist es für mich immer, wenn Familien sich trauen, dem Leben wieder zu begegnen. Oder wenn sie sich dafür öffnen, Hilfe und Begleitung anzunehmen. Die Familien in solch besonderen, herausfordernden und intimen Momenten zu begleiten, ist für mich eine große Ehre und stimmt mich glücklich.
Das Besondere in der Stiftung AKM ist dabei, dass es bei uns einfach ums Wesentliche, um den Kern geht. Es geht um Achtsamkeit und um das Miteinander. Das nehme ich auch mit in mein Privatleben. Ich weiß mittlerweile viel mehr, Kleinigkeiten zu schätzen und mich auf das Wesentliche zu besinnen. Ich habe aus der Arbeit in der Stiftung wie auch aus Erfahrungen im eigenen privaten Umfeld ein besonderes Bewusstsein dafür entwickelt, dass der Tod für mich zum Leben dazu gehört.

Deine Arbeit ist dir ein Herzensthema – in schwierigen Momenten oder wenn es einer Familie gar nicht gut geht, kann sie aber auch belastend sein. Was gibt dir dann wieder Kraft?

Christine Schultz: Sehr viel Kraft gibt mir meine Familie, mein Partner und mein Freundeskreis. Und vor allem ganz viel Bewegung in der Natur und in den Bergen, am liebsten mit genau diesen Menschen. Außerdem ist Yoga seit vielen Jahren ein Teil von mir und gibt mir sehr viel Energie und Ruhe – ebenso wie meine eigene Spiritualität, die sehr in Verbindung zur Natur steht. Schön daran finde ich auch, dass ich diese Spiritualität – wenn ich merke, es könnte vielleicht passen – auch unseren Familien zur Hilfe anbieten kann, wenn sie das möchten. Das können Rituale sein, sich mit der Natur und damit wieder mit sich selbst zu verbinden. Oder in Trauerphasen ein gesungenes Mantra aus dem Kundalini Yoga, das in dieser speziellen Yogatradition gesungen wird, wenn Menschen versterben. Das alles kann die Seele wieder ein Stückchen zurückbegleiten zur Quelle, oder wo sie eben hingehen mag. Dass sich viele Familien – sogar die, die von sich sagen, dass sie gar nicht spirituell sind – für diese Ansätze öffnen, finde ich erstaunlich. Und schön. Meine eigene Spiritualität hilft mir vielleicht auch, um meine Arbeit noch besser zu machen. Dass ich alle Aspekte des Seins mit in die Arbeit nehmen darf, gibt auch mir Kraft. Aber das ist natürlich nie ein Muss in der Familienbegleitung, sondern nur eine von vielen Optionen für die Familien.

Und zuletzt (weil auch Essen der Seele gut tut): Welches Gericht macht dir wieder gute Laune, wenn du einen richtig blöden Tag hattest?

Christina Schultz: IMMER Kaspressknödel – entweder mit Salat im Frühjahr oder auch gern in der Suppe im Herbst oder Winter. Am liebsten oder eigentlich sogar ausschließlich bei einer Bergtour. Und am allerliebsten mit irgendeinem meiner liebsten Menschen.

Vielen Dank für deine langjährige, warmherzige und achtsame Mitarbeit, liebe Christina!

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