„Den Familien eine Stimme geben“

20 Jahre – 20 Menschen: Isabell Schreml, Öffentlichkeitsarbeit   

Isabell Schreml ist seit fünf Jahren bei der Stiftung AKM und Teil des Teams Öffentlichkeitsarbeit im Gesamtbereich Fundraising & Öffentlichkeitsarbeit. Ihre Aufgabe ist es, über die Arbeit der Stiftung zu informieren, sei es in Form von Newslettern, Webseitenbeiträgen oder des Jahresberichts. Darüber hinaus möchte sie die Familien sichtbar machen – ihnen ein Gesicht und eine Stimme geben. Im Gespräch erzählt sie, wie wichtig ihr eine „ehrliche“ Öffentlichkeitarbeit ist, wo sie damit auf Grenzen stößt und wie Kafka für sie die Kinderhospizarbeit auf den Punkt bringt.

Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung AKM gehörst du mittlerweile schon zu den „alten Hasen“, bist aber bei jeder Aufgabe weiterhin mit Herzblut dabei. Was macht es dir nachhaltig so einfach, dich immer wieder neu zu motivieren?

Isabell Schreml: Bei uns wird es nie langweilig. Das Thema Kinderhospizarbeit bleibt zwar stets konstant, jedoch haben sich meine Aufgaben und meine Herangehensweise an die Fragestellungen der Kinderhospizarbeit in den vergangenen fünf Jahren immer wieder verändert. Auch das Team ist sehr dynamisch und bunt. Wir entwickeln gemeinsam neue Formate und Ideen, um die Menschen zu erreichen. Daher ist und bleibt es für mich eine spannende Herausforderung, die Kinderhospizarbeit in die Öffentlichkeit zu bringen.

Öffentlichkeitsarbeit in einem hochsensiblen Bereich wie der Kinderhospizarbeit zu betreiben, hat aber auch stets zwei Seiten. Man muss und möchte aufklären, ohne aber zu stark auf die Tränendrüse zu drücken. Wie begegnest du diesem Drahtseilakt?

Isabell Schreml: Ich habe meine Arbeit persönlich noch nie als Drahtseilakt empfunden. Wir brauchen die Tränendrüse nicht, das empathische Nacherzählen von Schicksalen betroffener Familien reicht in meinen Augen vollkommen aus. So entstehen bewegende und eindrucksvolle Geschichten, die die Familien sichtbar machen: So, wie sie sind. Diese offene und ehrliche Öffentlichkeitsarbeit kommt meines Erachtens am besten an.

Wie gelingt es dir, die oft sehr fachlich aufgeladenen Themen, die die Stiftung AKM bearbeitet, zu begreifen und für Außenstehende zu übersetzen?

Isabell Schreml: Ich höre vor allem viel zu. Vor meiner Zeit bei der Stiftung AKM hatte ich mit der Kinderhospizarbeit kaum Berührungspunkte. Deshalb habe ich eine gewisse Zeit gebraucht, um die Tiefe der Thematik zu begreifen. Das ist mir gut gelungen, da ich immer versuche, mit den Fachkräften im Gespräch zu bleiben und mir von ihren Erfahrungen berichten zu lassen. Denn wir können nur gute Öffentlichkeitsarbeit machen, wenn wir die operative Arbeit verstehen.

Wo stößt du in der Öffentlichkeitsarbeit zur Kinderhospizarbeit an deine Grenzen? Schließlich verkauft man kein Produkt, sondern ist stets mit Schicksalen konfrontiert.

Isabell Schreml: Natürlich nehme ich bei Gesprächen oder Vorträgen eine Betroffenheit wahr. Es bestehen enorme Berührungsängste. Hier ist es unsere Aufgabe, den Menschen zu vermitteln, dass es in der Kinderhospizarbeit viel positive Energie gibt, Kinder auch wieder genesen können und viel Zuversicht und Hoffnung gelebt wird. Hier stoße ich aber manchmal dann doch an meine Grenzen: Wenn mein Gegenüber aus einer Angst heraus nicht viel über die Kinderhospizarbeit erfahren möchte. Es fällt dabei auch oft die Frage, wie man seine Arbeit denn überhaupt aushält. Ich habe mir aber diese Frage noch nie gestellt. Dafür nehme ich unsere Arbeit als zu positiv wahr.

Was hilft dir persönlich, wenn dich eine Geschichte, der du in deiner Arbeit begegnest, besonders mitnimmt? Wie schaffst du für dich Ausgleich und Zuflucht?

Isabell Schreml: Für mich ist Humor sehr wichtig im Leben, im Team gemeinsam zu lachen, die positiven Seiten herauszustellen. Ich bin andererseits aber auch froh, dass mich unsere Arbeit beschäftigt und eben nicht kaltlässt. Aus einer echten Anteilnahme entsteht meines Erachtens nach eine ehrliche Öffentlichkeitsarbeit – und das ist mir sehr wichtig. Privat bin ich dazu als Ausgleich viel in der Natur und mit meinem Hund unterwegs.

Wie hat sich die Sensibilität für die Arbeit der Stiftung AKM verändert, seitdem du in diesem Feld tätig bist, und was braucht es noch, dass die Kinderhospizarbeit in der Gesellschaft endgültig ankommt?

Isabell Schreml: Bei mir persönlich hat sich die Sensibilität um 100 Prozent erhöht. Gesamtgesellschaftlich habe ich das Gefühl, dass wir durch unsere verstärkte Sichtbarkeit die Kinderhospizarbeit in ganz kleinen Schritten gesellschaftsfähiger machen. Die Berührungsängste werden geringer, aber es bleibt weiterhin leider oft ein Tabuthema. Ich habe auch nicht die Hoffnung, dass diese Sensibilisierung mit einem Knall geschehen kann. Vielmehr müssen wir weiter Schritt für Schritt denken und unsere Arbeit mit positiven Geschichten nach außen tragen. Diese Aufgabe wird wohl nie abgeschlossen sein.

In aller Regel bist du diejenige, die Familien, Fachkräfte oder Netzwerkpartner*innen interviewt und zu ihrer Arbeit in und für die Stiftung AKM befragt. Wie fühlt es sich an, die Seiten zu wechseln und mal selbst im Mittelpunkt zu stehen?

Isabell Schreml: Ich stehe ungern im Mittelpunkt. Zwar spreche ich gerne mit Menschen über die Arbeit unserer Stiftung, tatsächlich ist mir der Platz hinter der Kamera oder am Schreibblock deutlich lieber.

Wenn Franz Kafka meint: „Das Glück begreifen, dass der Boden, auf dem du stehst, nicht größer sein kann, als die zwei Füße ihn bedecken“, beschreibt er damit nicht auch das Wesen deiner Arbeit, als Vermittlerin der Kinderhospizarbeit? Du holst die Leute in ihrer Gegenwart ab und zeigst ihnen auf, dass es eben nicht immer um mehr Tage, sondern vielmehr um mehr Leben und Wertschätzung für das gerade Mögliche geht.

Isabell Schreml: Letztendlich haben wir nur die Gegenwart, wir haben nur diesen Moment. Es geht in unserer Arbeit darum, aus diesem Moment das Bestmögliche zu machen. Das ist der Kern der Kinderhospizarbeit. Wir haben weder die Vergangenheit, also die Diagnosen, noch die Zukunft, den Ausgang der Krankheit, in der Hand. In diesem einen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft, in der Gegenwart, können wir unser Möglichstes tun, um die Situation der betroffenen Familien zu vereinfachen, zu entlasten und erträglicher zu gestalten. Wir in der Öffentlichkeitsarbeit und im Fundraising helfen dabei unseren Fachkräften, betroffene Familien auf diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen und die Arbeit zu finanzieren.

Danke, liebe Isabell, dass du nicht müde wirst, das Thema Kinderhospizarbeit mit so viel Herzblut zu vermitteln.

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Christina SchultzTag der offenen Tür