20 Jahre – 20 Menschen: Michaela Jenne-Eiser, Angehörigenberatung Zentrum Südostoberbayern
Seit November 2019 ist Michaela Jenne-Eiser in unserem Regionalzentrum Südostoberbayern in Rosenheim tätig und begleitet dort pflegende Angehörige im Rahmen der Angehörigenberatung. Heute gibt sie Einblicke in ihre Arbeit und ihren Weg in die Stiftung. Sie verrät uns, was sie glücklich macht und wo sie mehr Unterstützungsbedarf für Familien mit einem schwersterkrankten Kind oder Elternteil sieht.
Liebe Michaela, erzähl uns kurz, wer du bist und was du in der Stiftung AKM machst!
Michaela Jenne-Eiser: Ich bin seit November 2019 in der Angehörigenberatung der Stiftung AKM im Zentrum Südostoberbayern. Zu meinen Aufgaben zählt es, Familien im Rahmen der Leistungen der Pflegeversicherung und des Schwerbehindertenrechts zu beraten. Wir unterstützen sie bei der Beantragung eines Pflegegrades, helfen bei der Durchführung von Gutachten des Medizinischen Dienstes und führen Pflegeberatungsgespräche aus.
Wie war dein Weg in die Stiftung AKM und in die Angehörigenberatung?
Michaela Jenne-Eiser: Ich habe lange in der Kinder- und Jugendhilfe in München gearbeitet, und bin dann 2016 mit meiner Familie – berufsbedingt durch meinen Mann – nach Rosenheim gezogen. Da unsere beiden Kinder damals noch kleiner waren und ich nicht pendeln wollte, habe ich eine Stelle vor Ort im Sozialdienst in der Schönklinik/Kinderklinik Vogtareuth angenommen. Dort habe ich sehr gerne gearbeitet, aber der Klinikalltag wurde zunehmend stressiger. Gleichzeitig hat das Zentrum Südostoberbayern jemanden für die Angehörigenberatung gesucht. Ich habe schon in der Klinik festgestellt, wie wenig Versorgung betroffene Familien außerhalb der Klinik finden. Abgelaufene Schwerbehindertenausweise oder falsche Pflegegrade – so etwas konnten wir in der Klinik zwar wieder auf den richtigen Stand bringen. Aber ich wusste, sobald sie zuhause sind, gibt es niemanden, der hier unterstützen oder Fragen beantworten kann. Und ich wollte gerne die Person sein, die ihnen genau dann helfen kann. Da die Stiftung AKM mit der Angehörigenberatung diesen Bedarf deckt, war klar, dass ich das machen will. Dieses Angebot ist zudem relativ einzigartig, das bekomme ich auch in Fortbildungen mit anderen Einrichtungen immer wieder mit. Sie erwähnen oft, dass ihre begleiteten Familien diese Hilfe genauso bräuchten. Umso mehr freue ich mich, dass ich das machen darf.
Welche Hilfen würdest du dir für betroffene Familien noch wünschen?
Michaela Jenne-Eiser: Hauptproblemstellen, bei denen wir leider nichts tun können, sind die Pflegedienste. Wenn das Kind keinen Bedarf an außerklinischer Intensivpflege hat, dann gibt es für die Familien eigentlich keine Chance, wenigstens ein paar Stunden an Unterstützung in der Pflege zu bekommen. Und selbst Kinder mit einem außerklinischen Intensivpflegestatus kriegen erst nach langer Wartezeit einen Pflegedienst an die Seite. Bis dahin sind die Familien ganz auf sich allein gestellt und werden automatisch zu pflegenden Angehörigen. Hier bräuchte es auf jeden Fall mehr Unterstützung.
Wo siehst du deine Stärken und Schwächen in der Arbeit mit den Familien?
Michaela Jenne-Eiser: Ich kann die Familien gut lassen, wie sie sind. Wenn sie mein Beratungsangebot nicht annehmen wollen oder wenn sie anderer Meinung sind, über das, was sie brauchen, dann ist das ok für mich. Ich biete ihnen lediglich die Möglichkeiten und sie picken sich heraus, was sie für sich nutzen wollen und was nicht. Es macht mich ungeduldig, wenn ich merke, der Hilfebedarf ist größer als das, was geboten werden kann. Sprich, wenn das, was von allen Seiten geleistet wird, nicht reicht, um die schwierige Situation zu stemmen. Wenn auch mir die Hände gebunden sind, und ich merke, dass auch die Angehörigen dabei krank werden, fühle ich mich oft hilflos.
Wie kannst du dich dann gedanklich gut abgrenzen?
Michaela Jenne-Eiser: Mir tut es gut, wenn ich Zeit mit meiner Familie draußen in der Natur verbringen kann. Zusammen sind wir viel mit dem Fahrrad oder in den Bergen unterwegs. Meine zwei Kinder seilen sich jetzt zwar langsam ab, aber mein Mann ist stets an meiner Seite und treibt das auch aktiv mit an. Die gemeinsame Zeit genießen wir sehr. Für mich ist das ein großer Ausgleich zum Alltag, gerade wenn ich in der Stiftung in Situationen komme, in denen ich nicht weiterhelfen kann. Draußen krieg ich den Kopf frei und kann mich entspannen. Darüber hinaus schaue ich wahnsinnig gerne Filme – ich bin schon immer häufig ins Kino gegangen. Das sind kleine Auszeiten, die ich mir gerne nehme.
Verrätst du uns noch deinen schönsten Moment in der Stiftung – und was die Arbeit hier so besonders für dich macht?
Michaela Jenne-Eiser: Es sind eigentlich viele schöne Momente, die ich bei uns im Zentrum miterleben darf. Vor kurzem hat eine Mutter nach einem gemeinsamen Termin zu mir gesagt: „Immer wenn Sie da sind, ist es ein guter Tag für mich.“ So etwas zu hören, zeigt, dass ich mit meiner Arbeit etwas bewegen kann. Das treibt mich jeden Tag aufs Neue an. Besonders macht die Arbeit, dass die Personen, die wir beraten, eben auch besonders sind. Sie stecken in besonderen, schweren Situationen, in Ausnahmesituationen in ihrem eigenen Leben, und die Art und Weise, wie viele damit umgehen, macht auch die Arbeit mit ihnen so außergewöhnlich.