Im Gespräch: Was ist das Besondere an der Kinderhospizarbeit?
Wir sprachen mit unseren Kinderhospizfachkräften Marion Geppert, Birgit Woehlke und Irmgard Marchfelder darüber, was die Kinderhospizarbeit für sie konkret ausmacht und wie sie „ihre“ Familien begleiten.
Was ist Kinderhospizarbeit?
Marion Geppert: Bei dem Begriff Hospiz denken viele Menschen an Tod, Sterben und die Begleitung der letzten Tage. Dabei ist Kinderhospizarbeit so viel mehr. Wir begleiten eine Familie bereits ab der Diagnose oft mehrere Jahre hindurch. Kinderhospizarbeit ist Lebensbegleitung. Wir arbeiten mit dem erkrankten Menschen: ein Kind, eine Mutter oder ein Vater. Und wir haben die gesamte Familie im Blick. Besonders wichtig sind uns die gesunden Geschwister, denen wir besondere Aufmerksamkeit schenken.
Wie sieht eure Arbeit konkret aus?
Marion Geppert: Zu Beginn einer Begleitung führen wir persönliche Gespräche mit der Familie, um ihre Bedürfnisse kennen zu lernen. Und um klären: Was braucht ihr? Daraus ergeben sich ein oder mehrere konkrete Aufträge. Diese Aufträge können sich auch während einer Begleitung ändern – je nach Situation.
Birgit Woehlke: Damit wir einen Überblick über die aktuelle Situation der Familie und die jeweiligen Ressourcen bekommen, ist die Bedarfsklärung elementar. Somit können wir die Familie individuell unterstützen. Wir bieten unsere unterschiedlichen Hilfsmöglichkeiten an und greifen nach Bedarf auf unsere internen und externen Netzwerke zurück. Unsere Kernaufgabe besteht darin, Ansprechpartnerin in dieser Ausnahmesituation zu sein. Wir sind da, hören zu, fragen nach, bleiben in Kontakt, ohne aufdringlich zu sein.
Zudem bilden wir Ehrenamtliche aus, die in den Familien eingesetzt werden können: Beim erkrankten Kind oder auch bei den Geschwisterkindern, die in diesen Zeiten oft zurückstecken müssen. Unsere Ehrenamtlichen werden vor ihrem Einsatz intensiv geschult und während der Begleitung von den Hauptamtlichen unterstützt. Aktuell betreut eine Hauptamtliche Kinderhospizfachkraft in Vollzeit zirka 25 Familien.
Irmgard Marchfelder: Konkret fahren wir zu den uns anvertrauten Familien, die sich unsere Begleitung wünschen. Es ist für uns wichtig, dass wir im Ehrenamt, sowie im Hauptamt möglichst stabile Betreuungssituationen haben und damit verlässlich und transparent mit der Familie eruieren, welche nächsten Schritte sich anbieten könnten. Die Familien sind verschieden und keine gleicht der anderen. Daher erscheint der Aufbau einer auf Vertrauen basierende Betreuungsbeziehung nötig, um zu erfahren, wo Sorgen und Nöte sich offenbaren und welche Unterstützung wir anbieten können.
Es ist oftmals unerhört schwierig zugeben zu müssen, dass man es nicht (mehr) allein schafft. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig hinzuspüren, ob die Balance von Selbstständigkeit und Unterstützung ins Wanken gerät.
Eine schwer fassbare Aufgabe ist für mich: Aushalten, was man nicht verändern kann und dennoch den Raum (aus)zuhalten, da zu sein, der Begegnung in seiner Schmerzhaftigkeit nicht ausweichen, auch wenn wir an manchen Stellen einfach nichts „machen“ können.
Es gibt also keine „Standardbetreuung“?
Marion Geppert: Die Menschen bzw. die Familien, die wir betreuen, sind sehr verschieden und so verschieden ist auch unsere Betreuung und Begleitung.
Birgit Woehlke: Jede Familie ist individuell, in all ihren Facetten. Das erfordert auch von uns ein hohes Maß an Flexibilität und Einfühlungsvermögen. Während wir die Familien begleiten, ändern sich oft schnell die Gegebenheiten und damit auch die Bedarfe und die Unterstützungsangebote. Wir möchten alle auf ihrem persönlichen Weg unterstützen, ihnen zur Seite stehen und bestärken.
Irmgard Marchfelder: Jeder Mensch ist aus meiner Sicht einmalig und unterscheidet sich von anderen nicht nur im Aussehen, sondern auch im Verhalten, Habitus, Sprechen, Vorlieben, Charakter und vielem mehr. Somit ist das Zusammenspiel der Familienmitglieder entsprechend unterschiedlich und keine Familie gleicht der anderen. In dieser Einmaligkeit des Einzelnen und des Systems liegt aus meiner Sicht die Herausforderung, frei von Bewertung in allparteilicher Sichtweise, eine gemeinsame Vorgehensweise zu finden, Hilfsaufträge zu formulieren und den Weg der Familie zu begleiten.
Was fordert euch am meisten in der Arbeit mit den betroffenen Familien?
Birgit Woehlke: Das Aushalten von schweren emotionalen Situationen und von fehlenden Antworten sowie das Bewusstsein, die Situation nicht ändern zu können, aber trotzdem immer präsent zu sein, ist eine große Herausforderung. Da wir die Familien oft lange begleiten dürfen und somit im engen Kontakt mit ihnen stehen, sind wir nah dran. Gleichzeitig müssen wir eine professionelle Distanz wahren, nur dann können wir diese Arbeit auch langfristig gut machen.
Irmgard Marchfelder: Wenn die medizinische oder pädagogische Versorgungssituation so problematisch ist, dass dringend notwendige und auch finanzierte Maßnahmen, z.B. mangels Personals, nicht zugänglich sind.
Weitere Informationen zu den Leistungen unseres Familienbegleitenden Kinderhospizdienstes und den Kontakt zu uns finden Sie hier.