„Da sein und Gelassenheit ausstrahlen“

20 Jahre – 20 Menschen: Beatrix Merget, Ehrenamt Kriseninterventionsdienst RUF24 

Beatrix Merget, genannt Trixi, unterstützt die Stiftung AKM nun seit sieben Jahren – und arbeitet ehrenamtlich für unseren Kriseninterventionsdienst RUF24, in der Öffentlichkeitsarbeit und der Teilhabeorientierten Nachsorge. Im Interview spricht sie über ihre ganz persönliche Motivation, worauf die Schulung vorbereiten kann (und worauf nicht) – und vom Glück, nicht stillsitzen zu können.

Warum ausgerechnet Kinderhospizarbeit? Es gäbe doch viele Vereine, Verbände und Organisationen, die man mit seinem ehrenamtlichen Engagement unterstützen könnte?

Beatrix Merget: Ich bin bereits seit zwölf Jahren ehrenamtlich in der Erwachsenenhospizarbeit tätig, wollte mich dann verändern und bin in der Folge auf die Stiftung AKM gestoßen. Die Entscheidung hatte aber auch eine persönliche Vorgeschichte: Ich hatte vor 38 Jahren eine Frühgeburt in der 28. Schwangerschaftswoche. Meine Tochter war schwerkrank, wurde beamtet und hatte einen Herzstillstand. Nach unserer Zeit in der Klinik wurden wir entlassen und standen allein da. Damals hätten wir Unterstützung gebraucht: Während des Aufenthalts in der Klinik und auch in der Nachsorge zuhause.

Insbesondere liegt dir dabei der Krisendienst RUF24 am Herzen, auch wenn du in anderen Ehrenamtsbereichen ebenfalls aktiv bist. Wie kommt man darauf, in seiner wertvollen Freizeit, Familien in schweren Krisen und traumatischen Situationen zu unterstützen?

Beatrix Merget: Ich finde die Arbeit im RUF24-Krisendienst äußerst interessant und spannend. Auch wenn der Krisendienst zu Beginn eine gewisse Anlaufphase benötigte, lohnt sich mein Aufwand bereits, wenn ich nur eine Familie auffangen und stabilisieren kann. In schweren Krisen ist es schließlich auch wichtig, schnell und unkompliziert zu unterstützen, sei es nach einer Diagnose, bei einer Geburt oder nach einem Unfall.

Mit der Entscheidung für das Ehrenamt als Krisenbegleiter*in nimmt man vieles auf sich, unter anderem auch eine zeitlich und inhaltlich fordernde Schulung. Wirf einen Blick zurück in diese Zeit: Wie hast du die Schulung empfunden und hat sie dich für deinen späteren Einsatz ausreichend unterstützt?

Beatrix Merget: Die Schulung, die ich besucht habe, war deutlich anders aufgebaut als die heutigen Schulungen für potentielle RUF24-Krisenbegleiter. Aber dennoch war die Teilnahme sehr lohnend. Ich erinnere mich an unseren Besuch bei der Seelsorgerin Sandra Gassert in Penzberg: Wir gingen gemeinsam über den Friedhof, betrachteten Gräber verstorbener Kinder und tauschten unsere Erfahrungen aus. Derartige Erlebnisse und der Austausch bringen einen weiter im Leben.

Andersherum gedacht: Worauf konnte dich die Schulung nicht vorbereiten?

Beatrix Merget: Wie in jeder Lebenslage gilt: Praxis und Theorie unterscheiden sich zumeist grundlegend. Was ich in der Praxis dabei insbesondere lernen durfte, war Gelassenheit. Speziell beim ersten Einsatz steigt der Adrenalin-Spiegel enorm an, auch wenn man später feststellt: Da zu sein und Gelassenheit auszustrahlen, ist am wichtigsten.

Was hast du seit dem Beginn deiner ehrenamtlichen Tätigkeit auch über dich selbst und das Miteinander in einer Gesellschaft lernen dürfen?

Beatrix Merget: Ich hätte als junge Mutter mit diesen Themen nicht umgehen können. In dieser Hinsicht habe ich gelernt: Die Stiftung AKM ist eine Stütze, die Krankheit oder der Unfall wären ohnehin geschehen. Die Stiftung kann helfen, die Situation erträglicher zu gestalten. Dass diese Wahrnehmung noch nicht bei allen angekommen ist, beobachte ich beispielsweise bei meinen Einsätzen als Ehrenamtliche in der Öffentlichkeitsarbeit auf dem Münchner Christkindlmarkt an der Residenz. Junge Mütter machen einen Bogen um unseren Stand, um sich quasi nicht mit diesem Thema anzustecken.

Wir haben nun viel über Beatrix gesprochen, lass uns Trixi Zuwendung schenken: Was gibt dir in deiner Freizeit die nötige Kraft für das fordernde Ehrenamt bei der Stiftung AKM?

Beatrix Merget: Mir erleichtert es einiges, dass sich auch mein Ehemann ehrenamtlich in den Bereichen RUF24 und Öffentlichkeitsarbeit engagiert. So können wir über vieles sprechen, worüber andere Paare womöglich nicht reden. Oft fängt mich aber auch unsere große Familie auf, wenn ich von einem schweren Einsatz nach Hause zurückkomme, oder ich suche bewusst die Ruhe und gehe mit unserem Hund eine große Runde Gassi. Für mich ist es wichtig, das pure Leben zu erfahren, um nicht an den negativen Erlebnissen haften zu bleiben. Klar fühle auch ich mal mit den Betroffenen, aber das Leben geht für mich im hier und jetzt weiter.

Und nun noch eine Abschlussfrage, die vielen, die dich kennen, unter den Nägeln brennt: Hat dein Tag eigentlich mehr als 24 Stunden oder wie schaffst du es, alle Ehrenämter, und das Privatleben zu vereinen?

Beatrix Merget: Man muss zu meiner Person wissen, dass ich nicht zuhause sitzen kann. In meinem Leben muss sich immer etwas bewegen. Ich bin niemand, der sich den ganzen Tag in seinen eigenen vier Wänden beschäftigen kann und so gestalte ich eben auch mein Leben.

Wir sind sehr froh, dass du nicht still zuhause sitzen kannst, liebe Trixi, und danken dir sehr für deinen Einsatz über all die Jahre hinweg! 

Beatrix Merget
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Annette Lenz