Eltern stärken in der Sozialmedizinischen Nachsorge
Jede Betreuung unserer Sozialmedizinischen Nachsorge ist anders. Gerade deshalb ist es notwendig, sich von eigenen Vorstellungen und Erwartungen zu lösen, denn Krankheitsbilder und Besonderheiten der betroffenen Kinder ähneln sich nach außen, ebenso die Lebenssituationen der Eltern – jedoch die Menschen sind vielfältig und niemals gleich. Jedes Individuum hat seine eigene Erlebens- und Gefühlswelt, jedes Familiengefüge seine eigenen Dynamiken und Zusammenhänge.
Den eigenen Weg finden und gehen
Unsere Verantwortung ist es, die Familien in ihrer Lebenswelt unvoreingenommen abzuholen und sie in ihren individuellen Bedürfnissen zu unterstützen. Alle Eltern sorgen sich um ihr krankes Kind. Wie sie im Detail damit umgehen, ist jedoch sehr unterschiedlich. Es gibt Mütter und Väter, die vor Angst und Sorge kaum mehr schlafen können, andere vertrauen vollkommen auf ihre gelebte Religion und ihren Glauben. Wieder andere verschließen sich und suchen Ablenkung, die nächsten funktionieren einfach und viele fürchten, mit dem Gesundheitssystem nicht zurecht zu kommen. Keine dieser „Umgangsformen“ ist falsch oder richtig, sie sind einfach da. Wir haben sie nicht zu beurteilen oder gar zu werten. Wir können anfangs nicht wissen, wie die Familie des zu betreuenden Kindes sein wird und das ist gut so. Denn jedem betroffenen Elternpaar steht es zu, den eigenen Weg zu finden und auch zu gehen.
Unsere Aufgabe ist es, sie zu begleiten und gezielte Unterstützung anzubieten. Diese Angebote sollten so individuell sein, wie die Bedürfnisse der Betroffenen/Familien.
Zuhören, austauschen, Ziele formulieren
Damit das gut gelingt, ist es für unsere Mitarbeiter*innen in der Sozialmedizinischen Nachsorge unabdingbar, die ersten gemeinsamen Stunden gut zuzuhören und wertschätzend formulierte Fragen zu stellen. Es ist wichtig, zu wissen, wo die stärkenden Faktoren im Familiengefüge sind und zu hören, was die einzelnen Mitglieder gerade empfinden. Alle diese Eindrücke und Antworten müssen wir mit den Informationen der behandelnden Ärzte und Therapeuten verbinden. Erst dann lassen sich die speziellen Bedürfnisse der Familie erkennen und gewünschte, gemeinsame Ziele formulieren. Für die gemeinsamen Zielformulierungen ist eine ehrliche und vertrauensvolle Gesprächsführung Grundlage, denn nur wenn beide Seiten hinter den Zielen stehen, können diese erwartungsgemäß umgesetzt werden oder gegebenenfalls neu besprochen werden.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein Elternpaar redet kaum miteinander über die Sorge um ihr Kind. Die betreuende Kinderkrankenschwester bemerkt das und möchte ein offeneres Gesprächsklima schaffen, weil sie weiß, dass das in Fachkreisen befürwortet wird. Mutter und Vater sehen in ihrem Umgang miteinander kein Problem und keinen Handlungsbedarf, so dass es kein Ziel in der gemeinsamen Arbeit sein kann, auch wenn es aus unserer Sicht hilfreich sein könnte.
Dadurch wird deutlich, dass die Bedürfnisse der Eltern maßgeblich sind bei der Zielsetzung in der Nachsorge, soweit sie mit dem Wohl und der Behandlung des Kindes vereinbar sind.
Begleitung durch die Sozialmedizinische Nachsorge als Stärkung
Sozialmedizinische Nachsorge kann als Nachteilsausgleich gesehen werden. Die betroffenen Eltern sind durch die momentane schwierige Situation mit der Erkrankung ihres Kindes sehr belastet. Vielleicht fühlen sie sich geschwächt durch lange Klinikaufenthalte und eine unsichere, nähere Zukunft. Die professionelle, nach ihren Bedürfnissen ausgerichtete Begleitung durch die Nachsorgemitarbeiter*innen kann sie wieder stärken. Oft bleiben die Sorgen um ein Kind für lange Zeit in den Familien. Während der Begleitung wird versucht, Lösungen zu suchen und Wege aufzuzeigen, wie damit umgegangen werden kann, damit Familien leichter zurück in einen bewältigbaren Alltag finden können. Die hier beschriebene stärkende Elternarbeit kommt immer den Kindern zugute, denn Kinder brauchen starke Eltern, insbesondere, wenn eine Krise das Familiengefüge erschüttert.